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Sofies Geschichte

die geheimnisvolle Sofie  Sofie, das Gespenst

Sofie war wild und wurde nie zahm. Nie konnten wir sie berühren; ein bisschen vielleicht am Ende ihres Lebens als sie nicht mehr die Kraft hatte zu flüchten. Aber sie hat nie erfahren wie schön es ist gestreichelt zu werden, obwohl sie selbst sehr zärtlich sein konnte zu Artgenossen und wohl die sozialste Katze war die ich kennen lernte – doch davon später.

Es war der Tag der Eisheiligen St. Sofie 1995 als sie in die Lebendfalle ging. Sie war nicht die erste. Immer wieder machten Uli und ihre Mutter Kastrationskampagnen um die Flut der verwilderten Katzenrudel in Fußberg-Moos einzudämmen. Damals wurde sie kastriert, tätowiert und wieder ausgesetzt – und seitdem hat sie ihren Namen.

Sechs Jahre später war sie die letzte des Rudels. Einige waren vermittelt - ein Jahr zuvor hatten wir erst Max zu uns geholt – die meisten aber waren einfach verschwunden. So lösten wir das wilde Katzenrudel auf und Sofie musste wieder in die Lebendfalle gehen. Der Tierarzt der sie (natürlich unter Narkose) untersuchte sagte nur „oh je“. Schon damals wurde sie auf 17 geschätzt, ihre Nierenwerte waren an der Grenze, und sie war innerlich und äußerlich voller Parasiten. Die wurde sie dann dank der Behandlung los, ein Wust an Spulwürmern, Bandwürmern und Haarlingen.

Sofie im VersteckSo lebte sie dann bei uns, d.h. sie lebte erst mal in einem Loch zwischen Wand und Kücheneinbauschank unter dem Wasser- und Gashahn. Nur nachts kam sie zum fressen raus, manchmal habe ich sie in der ersten Zeit auch weinen gehört. Dort konnte man sie auch nicht rausholen. Einmal mussten wir sie zum Tierarzt bringen weil sie Blut im Urin hatte. Dabei hat sie Uli so gebissen, dass ihr ein –allerdings hohler- Zahn ausbrach und Uli war so verletzt, dass sie gegen Sepsis behandelt werden musste. Mit der Zeit lebte sie sich ein in der Wohnung , d.h. sie benutzte auch andere Verstecke. Wir Menschen blieben für sie immer Feinde, mit anderen Katzen hatte sie keine Probleme. Im Gegenteil: Mit Max, den wir ein Jahr zuvor aus dem gleichen Rudel aufgenommen hatten verband sie bald eine innige Freundschaft. Immer war sie in seiner Nähe, umschmuste ihn, wenn er ruhte, legte sie sich neben ihn. Später, als Max schon blind und gebrechlich war, schob sie ihn zum Fressnapf und schützte ihn vor den wild tobenden Jungkatzen Fritzi und Vroni. Stundenlang lagen Max und Sofie aneinander gekuschelt wie ein altes Ehepaar.

Sofies Dauerversteck unterm Bett Sofie glaubt man sieht sie nicht

Eine Eigenart muss ich noch erzählen: Wenn man sie irgendwo mal offen sah, so, dass man sie hätte berühren können, dann blieb sie dort. Aber wenn man ihr den Rücken zuwandte und danach wieder hinschaute – dann war sie weg. Wie ein Gespenst. Als hätte ihr ihre Mutter eingetrichtert: „Wenn dich der Feind sieht, dann verharre ruhig, damit du nicht seinen Verfolger-Instinkt weckst. Aber sobald er weg ist, suche dir ein neues Versteck. Womöglich kommt der Feind mit Verstärkung zurück. Lass dich nie zweimal an einem Ort blicken.“ Erst später, als sie alt und gebrechlich war, lag sie offen herum und ging auch nicht weg. Vielleicht war sie zu müde, vielleicht war sie auch schon völlig taub, dass sie einen gar nicht mehr hörte.

Das Liebespaar: Max und Sofie    Sofie im Langhaus

Eine Zeit lang hatten wir eine riesige Kiste in der Wohnung stehen. Dieses „Langhaus“ war einige Zeit Sofies Wohnung in der Wohnung.

Dann starb ihr geliebter Max und wenig später zogen wir um. Dazu mussten wir sie natürlich überlisten. Schließlich ließ sie sich nicht anfassen. Wir mogelten ihr ein Beruhigungsmittel ins Futter und als es wirkte trieben wir sie zu dritt in ihren Transportkäfig. Nachts in der neuen Wohnung weinte sie, wie sie das auch schon am Anfang in der alten Wohnung getan hatte. Ihre vertraute Umgebung war ihr eben sehr wichtig. Aber sie gewöhnte sich ein und lernte die neue Wohnung schätzen, vor allem den großen Balkon; dort lag sie gerne in der warmen Sonne. Aber auch so manche Nacht verbrachte sie auf dem Balkon, den wir, wie die restliche Wohnung auch, mit kuscheligen Verstecken bestückt hatten.

Sofie auf dem Balkon Sofie auf dem Balkon

Nach einem halben Jahr trat Mimmi in ihr Leben. Mimmi war ein uraltes Kätzchen, das halb verhungert aussah und auch war. Mimmi war aber nicht unterernährt sondern hatte eine Verdauungskrankheit: sie konnte das Fressen nicht verwerten. Mit Hilfe von Enzymen, die wir ihr vor jeder Malzeit einflößten, konnten wir Mimmi eine Zeit lang helfen, aber nach neun Monaten half nichts mehr. Wir mussten sie einschläfern bevor sie an Auszehrung gestorben wäre. – Sofie half Mimmi auf ihre Weise. Sofie blühte richtig auf. Endlich hatte sie wieder jemanden um den sie sich kümmern konnte. Sie umschwänzelte und umschmeichelte sie und wenn Mimmi ruhte, kuschelte sie mit ihr. Mimmi ließ es sich gefallen, so wie sie alles mit stoischem Gleichmut hinnahm.

Sofie und Mimmi  Sofie und Mimmi

Spätestens nach Mimmis Tod war es nicht mehr zu übersehen: Sofie verwahrloste. - Sofie war immer eine sehr schöne Katze mit einem dichten weichen Fell und einem buschigen Schwanz. Sie war getigert, aber mit breiten konzentrischen Bögen: „Räderkatze“ nennt man das.- Jetzt wurde sie zunehmend struppiger und zotteliger. Ihr Fell verfilzte. Sofie war wohl nicht mehr in der Lage sich zu pflegen. Wir beschlossen ihr das Fell zu scheren. Aber der eine Tierarzt meinte, das könne man nur unter Narkose und das wolle er ihr nicht zumuten bei ihren schlechten Nierenwerten. Die andere Tierärztin meinte, sie sei wulle genug es ohne Narkose zu probieren. Das ging dann auch gut; Sofie war mittlerweile so taub dass sie das Schergeräusch gar nicht mehr hörte. Sofie war auch mittlerweile so ausgetrocknet, dass man ihr täglich eine Infusion hätte legen müssen. Sie war zwar leichter einzufangen als früher, aber sie war immer noch die wilde Sofie und wir wollten ihr diesen Stress nicht mehr antun. Eine spezielle Nierendiät, eine Forderung die von Anfang an im Raum stand, war in unserem Mehr-Katzen-Haushalt (in den besten Zeiten hatten wir sechs Katzen) nicht durchführbar.

Sofie in den Akten  Uli konnte Sofie jetzt schon einmal in den Arm nehmen

Seit Sofie geschoren war sah man erst wie dürr sie war. Einen Frühling erlebte sie noch als Caruso zu uns kam. Caruso kam aus der gleichen Gegend wie Sofie. Ein Jahr nach ihr war er von uns kastriert worden. Nach neun Jahren tauchte er plötzlich wieder auf. Vor Wintereinbruch nahmen wir ihn auf und Sofie nahm sich gleich seiner an. Sie suchte Caruso in seinem Versteck auf und wenn er fraß, wollte sie mit ihm aus einem Teller essen. Caruso war aber nicht so sehr begeistert.

Sofie auf dem Fensterbrett

Sofie war jetzt immer öfter an Orten anzutreffen, wo wir sie früher, ihrer Scheu wegen nie vermutet hätten. Man konnte sie sogar nehmen, aber das mochte sie nicht. Sie bewegte sich jetzt wie eine Greisin. In Zeitlupe setzte sie vorsichtig eine Pfote nach der anderen. Im Widerspruch dazu stand aber dass sie plötzlich Sachen konnte, die sie früher nie getan hätte. So kletterte sie über Vronis Kratzbaum auf den Kleiderschrank. Den Kratzbaum hatte Uli so gebaut  dass die junge Vroni raufkommt aber Ophelia nicht. Dass Sofie das schaffen würde hätten wir nie gedacht. Sie blieb aber auch gar nicht lange  oben. Sie sprang (!) bald wieder runter und suchte irgendetwas anderes. Ja, sie suchte. Und sie hatte keine Ruhe mehr. Irgendetwas wollte sie noch erreichen. Irgendwo wollte sie noch hin. Und sie hatte keine Zeit mehr.

Sofie hoch hinaus      die kleine alte Sofie

Es war schon ihr Todeskampf. - Bald darauf haben wir sie erlöst. Bevor der wirklich schlimme Kampf begonnen hätte. Aber selbst in ihrem Tode legte sie sich noch quer und wollte nicht in das Kistchen passen. Jetzt erst konnten wir sie streicheln ohne dass sie flüchten wollte. Draußen war es bitter kalt. Aber unter einer dünnen Eisschicht war der Moosboden ganz weich in dem wir sie begruben. So kehrte sie nach ihrem Tode wieder ins Moos zurück aus dem sie gekommen war. So viele Geheimnisse nahm sie mit in ihr Grab!

Sofie ist tot   aufizum Seitenanfang   retourzurück zur Hauptseite